Ganztagesschule Bietigheim

Ganztagesgrundschule – ein bundesweites Drama in mehreren Akten

Bundestag und Bundesrat haben im September 2021 das „Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter“ verabschiedet und damit ab dem Schuljahr 2026/2027 den Rechtsanspruch auf eine Ganztagesbetreuung in der Grundschule begründet. Ein Gesetz, das dem Grunde nach zwar zu begrüßen ist, allerdings nur dann, wenn die Kosten der Umsetzung und deren Finanzierung im Vorhinein klar auf dem Tisch liegen und kein finanzieller Blindflug angetreten wird. So hatte bereits vor dem Gesetzesbeschluss der Gemeindetag Baden-Württemberg ernstliche Zweifel an der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztag an den Grundschulen angemeldet, vor allem weil die bereitgestellten Fördermittel bei weitem nicht ausreichen würden.

Wir haben uns im Gemeinderat umgehend nach Verabschiedung des Gesetzes mit der Thematik auseinandergesetzt und zahlreiche Maßnahmen definiert bzw. mit deren Umsetzung begonnen: Planungswettbewerb zur Architektenleistung, Vergabe von Fachplanerleistungen, Abschluss der Entwurfsplanung und Einreichung des Bauantrags sowie erste Vergaben und kürzlich bereits begonnener Umbau. Neben den baulichen Veränderungen wurde auch die pädagogische Transformation angegangen durch Entwicklung einer neuen pädagogischen Konzeption samt diversen Schulbesuchen zur Konzeptentwicklung, Kommunalisierung der bisherigen Ganztagesbetreuung, Beginn der schrittweisen Umsetzung der neuen Konzeption und letztlich eine Beschlussfassung über die Einführung einer gebundenen Ganztagesschule zum Schuljahr 2026/2027.

Wir haben damit die vom Bund beschlossenen politischen Zielvorgaben im Vertrauen auf die versprochenen Fördermittel umgehend und effizient umgesetzt. Bund und Land haben es am 26. März 2024, also zweieinhalb Jahre nach Verabschiedung des Rechtsanspruchs endlich geschafft, den Gemeinden die Modalitäten eines Förderprogramms vorzustellen, mit denen der Umbau zur Ganztagesbetreuung gefördert wird. Anträge konnten nicht einmal einen Monat später, nämlich ab dem 22. April 2024 eingereicht werden. Pünktlich an diesem erstmöglichen Tag hat die Gemeinde Bietigheim den mehr als 1.000 Seiten umfassenden Antrag eingereicht. Von den ca. 25,9 Mio. € geplanten Baukosten sind danach knapp 12 Mio. € förderfähig und die daraus resultierende Förderung beträgt für unsere Gemeinde ca. 8,4 Mio. €.

In der letzten Gemeinderatssitzung fuhr es uns demnach allen kalt über den Rücken, als wir erfuhren, dass das Förderprogramm mehrfach überzeichnet ist und die Vergabe der Förderungen nun im Losverfahren erfolgen soll. Eine haarsträubende Idee, das Schicksal der Ganztagesbetreuung in einen Lostopf zu werfen. Durch politischen Druck auf zahlreichen Ebenen teilte dann die gemeinsame Finanzkommission Baden-Württemberg am Sitzungstag noch mit, dass für den Ganztagesausbau nun doch zusätzliche Mittel und Planungssicherheit gewährt werden. Vorgeschlagen wurde, dass ab 2024 und die darauffolgenden 6 Jahre über eine jährliche Tranche in dreistelliger Millionenhöhe sichergestellt werden soll, den vollständigen und korrekten Anträgen zu entsprechen. Somit ist wohl der Losentscheid vom Tisch, allerdings ohne weitere konkrete Informationen, wann und wie die dringend benötigte Förderung fließen soll.

Für unseren Schulumbau, die erforderliche pädagogische Transformation und der damit zusammenhängenden hohen Kosten benötigt unsere Gemeinde jedoch Planungssicherheit. Die trotz gesetzlicher Verpflichtung und umfassender Maßnahmen unsererseits auf einmal in Frage gestellte Förderung beträgt mehr als ein Drittel unseres jährlichen Haushaltsvolumens, dessen Entfall die geplante Finanzierung auf den Kopf stellen würde. Schließlich haben wir bereits einen hohen Eigenanteil von über 15 Mio. € zu leisten, den wir uns nicht gerade aus dem Ärmel schütteln können.

Hoffen wir, dass die nun kommunizierten Versprechen seitens Bund und Land eingehalten werden und uns nicht wieder das Herz in die Hose rutschen muss. Wir von der CDU setzen uns jedenfalls weiterhin und mit allen Kräften dafür ein.